Die Wurzeln der Konzerte im Schloss Niederfellabrunn bzw. des Kulturkreises Niederfellabrunn liegen wohl darin, daß ich (Walter Riemer) in die Stockerauer Familie einheiratete, der schon damals das Schlösschen in Niederfellabrunn seit einigen Jahren gehörte. Meine Frau (Dora) hatte ich durch die Klavierkammermusik kennengelernt. Allerdings stand im Schloss mit einem alten Promberger-Hammerflügel, einem Stelzhammer-Flügel mit Wiener Mechanik und einem Conrad Graf-Pianino kein für mich damals als adäquat einzustufendes Klavier.
Das Glück fügte es, daß mir 1987 ein alter Bösendorfer Imperial (gebaut 1908, aber mehrfach in den Bösendorfer Werkstätten gepflegt und modernisiert) mit sehr guter halbenglischer Mechanik angeboten wurde, den ich, nachdem ich ihn fast ein Jahr lang "beobachtet" hatte, schließlich kaufte. Am 25. April 1988 wurde dieses 2,90 m lange und 1,80 m breite Ungetüm geliefert und von sechs Mann und einem Gabelstapler in den ersten Stock gebracht (über die gar nicht so schmale Treppe konnte der Flügel nicht getragen werden, weil die Ecke nicht zu schaffen war).
Ziemlich bald reifte in uns die Idee, ein solches Klavier nicht nur zu einem Schattendasein in der Familie zu verurteilen. Nach Anschaffung von 81 Klappstühlen luden wir alle unsere musikalischen Freunde zu einer Eröffnungsfeier am 29. Mai 1988 und kündigten gleich auch ein Konzert am 19. Juni 1988 an, welches von unserem eigenen Bläser-Klavier-Kammermusikensemble *) gegeben wurde, übrigens dank dem schönen Wetter im Hof und gar nicht mit dem inzwischen liebevoll "Impi" getauften Konzertflügel. Damals war unser Kulturanspruch noch nicht ausschließlich auf Musik beschränkt; es gab an diesem Tag auch eine Fotoausstellung, wie auch in den folgenden Jahren einige Ausstellungen bildender Künstler. Da unsere Kontakte zu Musikern aber naturgemäß weitaus lebendiger waren als etwa zur bildenden Kunst, erschien uns später das Organisieren von Konzerten eher auf unserer Linie, sodaß wir Ausstellungen und dergleichen aufgaben.
Von Anfang an konnten wir auf die aus unserer eigenen Konzerttätigkeit vorhandenen Adresslisten zurückgreifen, sodaß die Konzerte recht gut besucht waren. Die nächsten Konzerte des Jahres 1988 wurden in improvisatorischer Manier organisiert, indem wir einfach bei unseren Musikerfreunden vorstellig wurden. Die Saison 1989 wurde dann schon als Ganzes geplant. Etliche unserer Musiker "der ersten Stunden" sind uns bis heute treu geblieben, wofür an dieser Stelle auch einmal gedankt werden soll. Daß wir mindestens 15 Jahre lang völlig ohne öffentliche Gelder oder Subventionen auskamen, macht uns schon auch ein klein wenig stolz.
Unser Kulturkreis war von Anfang an immer wieder auch eine Plattform für junge Künstler. Wir bekommen alljährlich dutzende Anfragen von Musikern oder Ensembles, die bei uns spielen möchten, können aber leider nur sehr wenige engagieren, weil unsere Kapazität bei ungefähr 8 bis 10 Konzerten im Jahr liegt und wir auf etliche seit Jahren immer wieder gerne bei uns auftretende Ensembles nicht verzichten können, vor allem auch im Interesse unseres Publikums. Und diesem Publikum muß auch einmal gedankt werden: Alle Ausführenden sind sich einig, daß sie selten ein so aufmerksames und begeisterungsfähiges Publikum vorfinden wie bei uns.
Wir sollten noch erwähnen, daß unser Flügel schon sehr bald eine ganz neue englische Mechanik bekommen hat: die Kombination "Bösendorfer aus 1908" (mit Original-Bezug!) und neuer Mechanik hat uns zu einem außergewöhnlichen Instrument verholfen, welches neben dem allgemeinen Ambiente nicht unbeträchtlich zu unserer doch stark am Klavier orientierten Attraktivität beiträgt.
Wie schon an anderer Stelle dargelegt, war unser Imperial-Flügel Ende 2002 auch am Ende seiner Lebensdauer, und so erhielten wir am 31. März 2003 einen fabriksneuen Bösendorfer, Modell 225, der vom Klavierduo Ferhan und Ferzan Önder am 5. April 2003 in einem fulminanten Konzert eingeweiht wurde. Der Abtransport des Imperial-Flügels erfolgte diesmal nicht mitttels Hubstaplers, sondern (am Treppenabsatz in Senkrechtlage!) über die Treppe.
Unser "Impi", wie der alte Flügel von uns liebevoll genannt wurde, wurde nach der Rücknahme durch Bösendorfer verkauft, sorgfältig restauriert und dann nach USA verkauft, wo er jetzt in einem (angeblich) 11000 m² großen Haus (Häuschen?) residiert. Außen ist er nicht wiederzuerkennen; seine alte Tonqualität hat er (zu unserem Trost) aber nicht wiedererlangt. Wir konnten ihn, als er kurz vor dem Versand nach Amerika noch in Wien stand, "besuchen".
Der neue Eigentümer interessierte sich sehr dafür, welche berühmten Pianisten den Flügel gespielt hatten. Wir haben die Information gern gegeben, wobei wahrscheinlich am ehesten Rudolf Kehrer und Till Fellner in Amerika bekannt sein dürften.
Aufgrund der Papiere, von denen wir Kopien haben (Verkaufsnotiz, Laufzettel), ist durchaus anzunehmen, dass im Palais des äußerst wohlhabenden Erst-Eigentümers, des Freiherrn Rudolf von Gutmann, auch Klavier-Größen der damaligen Zeit wie etwa Emil von Sauer auf diesem Flügel gespielt haben.
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*) Unsere Kammermusik-Aktivitäten waren nicht auf den Wiener Klavierkammermusik-Kreis beschränkt; immerhin aber war dieses Ensemble, dem sich um etliche jahrelang treu bleibende Stamm-Musiker auch viele vorübergehend anschlossen, 15 Jahre lang präsent.