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Konzerthaus Berlin

Concert Hall Gendarmenmarkt, Berlin, Germany 10 Followers
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Das Konzerthaus Berlin hat eine ungewöhnliche Baugeschichte. 1818-21 errichtet, gilt es als eines der Hauptwerke Karl Friedrich Schinkels, des wohl bedeutendsten Architekten des Klassizismus in Europa. Von Schinkel stammt allerdings nur der Außenbau des heutigen Gebäudes – er wurde beim Wiederaufbau nach den Kriegszerstörungen 1979-84 detailgetreu rekonstruiert. Das Innere ist eine völlige Neuschöpfung – die aber so kunstvoll an den Formen der Schinkelzeit orientiert ist, dass sie den Eindruck einer originalgetreuen Rekonstruktion erweckt.
Der Gendarmenmarkt und die Vorgängerbauten

Der schönste Platz Berlins entstand 1688 als Marktplatz der westlichen Stadterweiterung, der Friedrichstadt. Hier befanden sich die Stallungen des Reiterregiments der Gens d’armes sowie die Französische Kirche, das Gotteshaus der Hugenotten, und die Neue, später Deutsche Kirche. Bis 1785 kamen auf der Westseite ein Französisches Komödienhaus und im Anschluss an die Kirchen die prächtigen Turmbauten hinzu, die von Carl von Gontard entworfenen „Dome“. Ringsum entstanden nach und nach repräsentative Wohnhäuser, und schließlich wurde auch der anspruchslose Theaterbau durch ein stattliches, 2000 Zuschauer fassendes „Nationaltheater“ ersetzt. Sein Architekt war Karl Gotthard Langhaus, der Baumeister des Brandenburger Tores. Der Langhans-Bau stand nur 15 Jahre, 1817 brannte er nieder.
Der Schinkelbau: Grundstruktur und Äußeres

Beim Neubau sollten auf Geheiß des Königs die Fundamente des Vorgängerbaus, eines schlichten Rechteckbaus mit dem Eingang im Norden, und die sechs ionischen Portikussäulen in der Mitte der Längsseite miteinbezogen werden. Schinkel kam auf die geniale Idee, den Bau in eine dreiteilige Anlage mit einem höheren und breiteren Mittelbau umzuwandeln. Mit Hilfe der Freitreppe, der übergiebelten Säulenvorhalle und dem figurenbekrönten Giebelaufsatz auf dem Mittelbau schuf er eine steil ansteigende Schaufassade. Der Mittelteil barg den großen Theatersaal, im Nordtrakt waren die Proben-, Garderoben- und Magazinräume untergebracht, im Südtrakt der kleinere Konzertsaal. Zwischen den drei Bauteilen vermittelten (wie im heutigen Bau) zwei Treppenhäuser. Die Rückfront spiegelt in kleinen Rücksprüngen die Platzansicht.

Die Wandflächen der beiden Hauptgeschosse löste Schinkel in ein völlig neuartiges, geradezu modern wirkendes System auf, indem er sie geometrisch rasterte. Die beide Geschosse umfassenden Pilaster (Wandpfeiler) an den Ecken rahmen gemeinsam mit Sockel und Gebälk die großen Wandflächen, die durch das Gurtgesims und die nur ein Geschoß hohen Pilaster in ein Gerüst umgedeutet sind. Zwischen ihnen liegen eingetieft die Fenster und Füllwände.
Der Figurenschmuck

Auch der von Schinkel entworfene Figurenschmuck am Außenbau wurde bis 1984 rekonstruiert. Ausgeführt wurden die Originale von den damals führenden Bildhauern Berlins, Christian Daniel Rauch und Friedrich Tieck. Über der Hauptfront thront Apoll, der Gott der Künste, auf einem von zwei Greifen gezogenen Gespann. Die Westfront zur Charlottenstraße überragt das geflügelte Pferd Pegasus. Der Portikus und die beiden Seitengiebel sind mit Plastiken der neun Musen besetzt. Das Giebelfeld über dem Mittelbau zeigt einen geflügelten Eros, der von Allegorien des Trauer- und des Lustspiels sowie von Schlangen und Schwänen, die dem Apoll als heilig galten, umgeben ist. Die übrigen Giebelfelder schildern Szenen aus der antiken Mythologie: die Niobegruppe am Portikus repräsentiert die Tragödie, der Triumphzug des Bacchus und der Ariadne am Nordgiebel die Komödie, Eurydikes Befreiung aus der Unterwelt durch Orpheus am Südgiebel die Musik. Die Wangen der Freitreppe wurden 1851 durch musizierende Amoretten auf einem Löwen und einem Panther geschmückt.
Der Wiederaufbau

Am 23. November 1943 zerstörte ein Bombentreffer den Konzertsaal, ein Brand in den letzten Kriegstagen im April 1945 zerstörte das Innere des Hauses dann vollständig. Erst 1976 beschloss die DDR-Führung, den damals Platz der Akademie genannten Gendarmenmarkt zu einem „geistig-kulturellen Zentrum der Kunst und Wissenschaft“ wiederaufzubauen. Da es in Ost-Berlin mehrere Sprechtheater, aber kein Konzerthaus gab, entschloss man sich, den Schinkelbau zur Philharmonie Ost-Berlins auszubauen. Die Leitung des Projekts übertrug man Ehrhardt Gißke, Manfred Prasser und Klaus Just.

Nach Beseitigung der Schutt- und Trümmermassen und dem Abbruch aller instabilen Bauteile bleiben allein die Außenmauern, das Dach und die Längswände des alten Theatersaals übrig. Der heutige Bau wird von einem Stahlgerüst getragen, das die alten Mauern versteift und dessen Maße aus dem Raster der Schinkelschen Außenfassade resultieren. Die Decken wurden in Beton gegossen, die Wände und Pfeilerverkleidungen aufgemauert. Der plastische Dekor ist aus Gips oder Stuck gearbeitet.

Am Interieur arbeiteten rund 90 Bau- und Spezialfirmen fast drei Jahre, die Kosten spielten bei diesem Renommierprojekt keine Rolle. Zum Glück, möchte man sagen, denn handwerkliche Meisterschaft, die Liebe zum Detail und viel Einfühlungsvermögen in die Ausstattungskunst der Schinkelzeit haben ein beeindruckendes Ensemble entstehen lassen. Das Innenleben ist eine komplette Neuschöpfung, es vermittelt jedoch eine gute Vorstellung vom Charakter des Originals.

Am 1. Oktober 1984 wurde das Schauspielhaus feierlich eingeweiht, 1992 wurde es, der neuen Nutzung entsprechend, in „Konzerthaus Berlin“ umbenannt.

Einen neuen Akzent setzen seit 2003/04 die beiden vom Kölner Architekten Peter Kulka entworfenen Räume, deren sachlich-moderne Architektursprache im denkbar größten Kontrast zum übrigen Interieur steht: der Werner-Otto-Saal und der Besucherservice.
Rundgang

Der Haupteingang für den Konzertalltag befindet sich, wie schon zu Schinkels Zeiten, ebenerdig unter der Treppe. Die Passage diente ursprünglich als Durchfahrt der Kutschen. Von der Eingangshalle führt der Weg über die Garderoben seitlich in die Treppenhäuser, die die drei Teile des Hauses separieren. Der Mitteltrakt wird über der Eingangshalle vom Großen Saal ausgefüllt, im Südflügel befinden sich übereinander der Musikclub, der Ludwig-van-Beethoven-Saal (Foyer) und der Kleine Saal, im Nordflügel der Besucherservice mit Café, der Carl-Maria-von-Weber-Saal (Foyer) und der neue Werner-Otto-Saal.

Der rechteckige Große Saal misst 45 mal 22 Meter und ist 17,50 Meter hoch; im Parkett und den zwei Rängen bietet er rund 1500 Zuschauern Platz. Er ist eine vergrößerte Adaption des Schinkelschen Konzertsaals, von dem zahlreiche Einzelheiten des Dekors wie die Gestaltung der Wandfelder, der Balkone, der Decke und die ionischen Säulen an den Schmalseiten abgeschaut sind. 16 der 28 lebensgroßen Plastiken antiker Mythenfiguren wurden nach historischen Vorbildern modelliert. Die Konzertorgel über dem Orchesterpodium stammt von der traditionsreichen Dresdner Orgelbaufirma Jehmlich, sie zählt 74 Register und 5801 klingende Pfeifen.

Der Große Saal des Konzerthauses gehört auch akustisch zu den besten symphonischen Konzertsälen der Welt. Die Nachhallzeit liegt mit 2,0 Sekunden bei mittleren Frequenzen mit Publikum und 2,2 Sekunden bei den tiefen Frequenzen nur wenig über den Werten, die Raumakustiker als Optimum für einen symphonisch genutzten Konzertsaal ansehen.

Beiderseits des Großen Saals, auf einer Ebene mit dem Parkett, befinden sich die beiden festlich-beschwingten Foyers: Der Carl-Maria-von-Weber-Saal im Nordflügel wird von korinthischen Säulen und olivgrünen Wandflächen bestimmt, der strahlend hell gehaltene Ludwig-van-Beethoven-Saal im Südflügel ist geprägt von zwei ionischen Säulenreihen. Beiden Sälen sind Büffeträume zugeordnet.

Über den Foyers, in Höhe des zweiten Balkons des Konzertsaals, liegen zwei weitere Konzertsäle: der „neo-schinkelsche“ Kleine Saal und, am Ort des einstigen Probensaals, der nach dem Versandhausgründer und Mäzen benannte Werner-Otto-Saal, eine ganz in Schwarz gefasste, bei Bedarf fensterlose und durch Hubpodien enorm flexibel zu gestaltende „Black Box“, die optisch und akustisch ideal geeignet ist für zeitgenössische Konzert- und Musiktheateraufführungen.

Die kleinste Aufführungsstätte ist der rund 80 Zuschauer fassende Musikclub im Erdgeschoss des Südtrakts, der vor allem für szenische Produktionen, Lesungen und Kindervorstellungen genutzt wird. 2004 wurde im Erdgeschoss des Nordtrakts der neue Besucherservice mit dem Café eröffnet, ein schlichter, ganz in Schwarz und Weinrot gehaltener Raum.

An der Rückfront des Hauses befinden sich schließlich, über alle Geschosse verteilt, die Musikerzimmer, die Solisten- und Dirigentengarderoben, einige wenige Büros und die den Musikern und Mitarbeitern des Konzerthauses vorbehaltene Kantine. Die Büroräume der Verwaltung wurden beim Wiederaufbau in das Intendanzgebäude an der Charlottenstraße 55-56, vis-à-vis dem Bühneneingang des Konzerthauses, ausgelagert.

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Sie trägt die beachtliche Opus-Zahl 1035 und steht seit der Konzerthauseröffnung 1984 bei uns im Großen Saal: Die Orgel aus dem Dresdener Hause Jehmlich. Als eine der repräsentativsten Orgeln Berlins besitzt sie 74 Register, verteilt auf vier Manuale und Pedal, die eine Fülle verschiedenster Klangfarben und eine enorme stilistische Bandbreite des Repertoires vom Barock bis zur Moderne ermöglichen. 5811 einzelne Pfeifen können in einer 1994 erneuerten Setzeranlage in nun 256 Setzerkombinationen bedient werden.

Eine Königin hat natürlich ihr Gefolge, unsere sogenannte „Prinzessin“. Die fahrbare, zweimanualige Kleinorgel mit 12 Registern wurde ebenfalls von der Firma Jehmlich erbaut. Sie kommt vor allem bei den Kammermusikabenden „Organo con stromenti“ im Kleinen Saal, aber auch bei der Orgelvorstellung für Kinder zum Einsatz.

Ebenso lange wie die Orgel ist auch unser Hausorganist Joachim Dalitz im Amt, der für das Instrument gemeinsam mit Gastsolisten aus dem In- und Ausland eine eigene Konzertreihe gestaltet. In den vergangenen Spielzeiten waren unter anderem Michael Schönheit, Kay Johannsen, Naji Hakim, Thierry Escaich, Jennifer Bate, Iveta Apkalna und Martin Haselböck zu Gast. Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass unsere Jehmlich-Orgel durch die elegante und leicht spielbare mechanische Traktur und die übersichtliche Gestaltung des Spieltisches, eigentlich das „Cockpit des Organisten“, besonders gut zu handhaben ist.

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Die Geschichte des berühmten Schinkelbaus, aber auch seiner beiden Vorgängerbauten zeigt unsere Chronik in einem kurzen Überblick.

Französisches Komödienhaus (1776-1800)

22.04.1776
Eröffnung des Französischen Komödienhauses auf dem Gendarmenmarkt, auf Befehl von Friedrich II. durch Johann Boumann d.Ä. und Georg Christian Unger errichtet.

05.12.1786
Wiedereröffnung des renovierten Hauses als Nationaltheater.

01.08.1787
Umbenennung in Königliches Nationaltheater.

19.05.1789
Wolfgang Amadeus Mozart besucht eine Aufführung seiner Oper „Die Entführung aus dem Serail“.

18.10.1796
August Wilhelm Iffland wird Direktor des Königlichen Nationaltheaters.

Nationaltheater (1802-1817)

01.01.1802
Einweihung des Neubaus von Carl Gotthard Langhans.

1804
Friedrich Schiller besucht mehrere Aufführungen seiner Stücke.

18.06.1811
Ernennung August Wilhelm Ifflands zum Generaldirektor der Königlichen Schauspiele, zu denen bis 1918 neben dem Schauspielhaus auch die Lindenoper gehörte.

03.08.1816
Uraufführung von E.T.A. Hoffmanns Romantischer Oper „Undine“ mit den Bühnenbildern von Schinkel.

29.07.1817
Zerstörung des Gebäudes durch einen Brand.

19.11.1817
König Friedrich Wilhelm III. erteilt den Auftrag zum Neubau eines Theaters. Im April des kommenden Jahres legt Schinkel seine Entwürfe vor.

Schauspielhaus (1821-1945)

26.05.1821
Feierliche Einweihung des von Karl Friedrich Schinkel neu erbauten Schauspielhauses. Goethe dichtet für diesen Abend einen Prolog. Aufgeführt wird unter anderem sein Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“.

18.06.1821
Uraufführung von Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“.

27.11.1826
Berliner Erstaufführung von Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie.

04.03.1829
Gastspiel des Violinvirtuosen Niccolò Paganini.

15.05.1838
Berliner Erstaufführung von Johann Wolfgang Goethes „Faust I“.

13.04.1842
Felix Mendelssohn Bartholdy dirigiert seine Schauspielmusik zu „Antigone“ von Sophokles.

18.01.1843
Gastspiel des Klaviervirtuosen Franz Liszt.

07.01.1844
Richard Wagner dirigiert als Berliner Erstaufführung seine Oper „Der fliegende Holländer“.

1870-1894
Theodor Fontane verfolgt als Theaterkritiker die Premieren und Gastspiele. Er schreibt 307 Tageskritiken, hauptsächlich für die „Vossische Zeitung“.

1919
Umbenennung in Staatstheater.

1934-1945
Amtszeit des Intendanten Gustaf Gründgens.

15.11.1941
Uraufführung von Gerhart Hauptmanns Tragödie „Iphigenie in Delphi“.

29.07.1944
Letzte Vorstellung vor der Schließung mit Friedrich Schillers „Die Räuber“.

22.04.1945
Letzter Konzertabend vor der Zerstörung des Schauspielhauses

Konzerthaus (1984-heute)

1979-1984
Wiederaufbau des historischen Schauspielhauses als Konzerthaus.

01.10.1984
Wiedereröffnung mit einem Festkonzert des Berliner Sinfonie-Orchesters unter der Leitung von Claus Peter Flor und Kurt Sanderling.

01.01.1987
Eröffnungskonzert zur 750-Jahr-Feier von Berlin

25.12.1989
Leonard Bernstein dirigiert Beethovens 9. Sinfonie mit einem internationalen Orchester und Chor. Inspiriert durch den Fall der Mauer, wandelt er den Text des Schlusschores um in Ode „An die Freiheit“.

02.10.1990
Beim Festakt zur deutschen Wiedervereinigung dirigiert Kurt Masur das Gewandhausorchester Leipzig.

1994
Das Berliner Sinfonie-Orchester erhält nach Senatsbeschluss offiziell den Status des Hausorchesters im Konzerthaus Berlin.

2003
Eröffnung des Werner-Otto-Saals. Der Umbau des ehemaligen Orchesterprobensaals wurde durch eine großzügige Spende von Werner Otto ermöglicht.

2006
Das Berliner Sinfonie-Orchester wird zum Konzerthausorchester Berlin.

24.01.2012
Festveranstaltung zum 300. Geburtstag von Friedrich II. von Preußen.

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