Ich konnte während meines Studiums am Mozarteum Salzburg mittels der dort zugänglichen Handschriften sehr tief in eine faszinierende Welt eintauchen. Die Autographen der Werke Mozarts waren für mich immer besonders anziehend, besonders da es auch in den neu gedruckten Ausgaben immer noch Abweichungen zur Handschrift gibt. Oft erzählt eine Handschrift auch eine Geschichte, z.B. in der B-Dur Sonate KV 454; Mozart schrieb bloß die Violinstimme auf Papier und begleitete die Geigerin im Konzert auswendig. Nach dem Konzert setzte er sich nochmals an dieses Werk und schrieb die Klavierstimme noch darunter, obwohl auf dem Papier kaum genug Platz dafür war. Hätte er dies nicht getan, wäre diese Sonate nur einmal gespielt worden.
Mittlerweile hat man bei der Interpretation Mozarts als Musiker viele Feinheiten zu beachten um dem Klangideal und den Phrasierungswünschen des Komponisten gerecht zu werden. Ich empfinde es dabei besonders wichtig, mich mit der harmonischen Struktur der Werke und der veränderten Lesart durch das Spielen auf modernen Instrumente zu beschäftigen. Mozart komponierte die meisten seine Werke vom Klavier aus, ein Hinweis darauf dass außerdem seine Legato- bzw. Bindebögen sehr pianistisch verstanden werden sollten. Gefährlich ist, dass bei Beachtung all dieser strukturellen Feinheiten der Geist der damals aufkommenden „Musikalischen Empfindsamkeit“ verloren geht - man die Werke bloß auf Betonte und Unbetonte Zeiten, falschen „forte“ und versetzten „sfz“ untersucht und das Lebendige der Musik dabei verloren geht. Die Kammermusik bei Mozart hat für mich immer etwas sehr Opernhaftes, zu jeder dieser Sonaten haben wir unser eigenes Libretto geschrieben. Am Beginn der F-Dur Sonate hören wir beispielsweise, wie vor Vorstellungsbeginn hinter der Opernbühne aufgeregt herumgelaufen wird, daneben hören wir ununterbrochen sich einsingende Sänger. Mit dem abrupten Ende des Satzes geht der Vorhang auf und eine Arie wird erst vom Klavier eingeleitet und dann von der Violine gesungen….
Ich habe mit meinem Pianisten Robin Green jemanden gefunden, der sowohl am Klavier, als auch als Dirigent bereits erfolgreich ist und daher sehr darauf geachtet hat, der Operncharakteristik in Mozarts Kammermusik in unserer Einspielung genügend Rechnung zu tragen.
Unser Ziel war eine Aufnahme zu gestalten, die den Dialog in den Vordergrund stellt. Den Dialog zwischen uns Musikern und den Dialog mit Mozart. Wir ließen uns von seinen Hinweisen leiten und haben auf diese Weise bei seiner Musik unsere eigene Sprache gefunden.